Die Vorgeschichte

Geschichte der Imkerei

Warum verschwanden die wildlebenden Waldbienen?

Seit etwa 9000 Jahren sammelt der Mensch den Honig von wilden Bienenvölkern. Steinzeitliche Höhlenbilder zeigen Menschen beim Ausräumen wilder Bienenstöcke. Doch bereits aus dem 3. Jahrtausend vor Christus liegen aus Ägypten Zeugnisse der Bienenhaltung vor. Die Dunkle Europäische Biene (Apis mellifera mellifera) kam ursprünglich im Vorderen Orient, im Mittelmeerraum, in Mittel- und Nordeuropa sowie im tropischen Afrika vor.

Ab dem frühen Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert war es die Aufgabe der Zeidlereien, Honig und das Wachs gewerbsmässig von wilden Bienen zu ernten. Die Ernte wurde so bemessen, dass die Bienenvölker auf dem eigenen Honig überwintern konnten. Die Zuckerfütterung war damals noch nicht bekannt. Anders als es die Imker heute tun, wurden die Bienen nicht in Bienenstöcken oder Bienenkörben gehalten, sondern in Naturnistplätzen, in Bäumen und künstlichen Höhlen (Beuten). Diese ursprüngliche Art des Imkerns entspricht am ehesten den von Honigbienen selbst gewählten Bedingungen in natürlichen Baumhöhlen.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts mit Beginn der Industrialisierung und dem Bau der Eisenbahnen begann der globale Bienenhandel. Bienen aller Rassen wurden durch Europa transportiert mit der Folge, dass die Dunkle Biene, bis auf wenige kleine Populationen in Dänemark, England, Frankreich und in der Schweiz ausgerottet, weitgehend verdrängt und durch Import- und Zuchtrassen ersetzt wurde. In der Schweiz finden sich noch drei Standorte mit Populationen von Dunklen Bienen: Im Simmental, im Kanton Glarus und im Münstertal. Heute ist die wildlebende Honigbiene aus unseren Wäldern praktisch verschwunden. Sogenannte «wilde» Honigbienen sind stets entkommene Hausschwärme, die sich mehr oder weniger lang in Baumhöhlen oder Klüften und Höhlungen von Felsen halten können.

Nicht nur die Industrialisierung, auch die seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts intensiviert betriebene Land- und Forstwirtschaft hat den Bienen den Lebensraum im Wald und an Waldrändern geraubt. Insbesondere die Forstwirtschaft mit ihrer intensiven Holznutzung und kurzen Umtriebszeiten verhindert, dass Bäume alt werden können. Damit in bis zu zehn Metern über dem Boden vorbereitet durch Spechte oder Astbruch und die Moderung durch Pilze geeignete Höhlen entstehen können, muss ein Baum auf Brusthohe einen Durchmesser von gegen einen Meter aufweisen. Die bestehenden Waldreservate sind dafür ideal, aber oft noch zu jung und enthalten dementsprechend zu wenig nutzbare «Bienen-Bäume». In vielen Forstrevieren finden sich deshalb praktisch keine Bienenvölker mehr. Die Landwirtschaft erschwert mit ihrem Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln die Lebensbedingungen der Bienen und Blütenbestäuber. Insbesondere Insektizide werden von den Bienen in die Stöcke eingetragen.

Damit ein Waldbienenvolk selbstständig überleben kann, muss es von Frühling bis Herbst in Wäldern, Wiesen und Weiden kontinuierlich Pollen und Nektar für die Aufzucht der Jungbienen und für den Wintervorrat finden. Es ist auf Blütenpflanzen angewiesen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten blühen. Mit der intensiv betriebenen Landwirtschaft fehlt jedoch diese Blütenvielfalt. So kann der Monokulturanbau mit Raps oder auch intensiv genutzten Obstanlagen zu Nahrungsknappheit führen, wenn plötzlich alle Blüten verblüht sind. Auch der Verlust der Biodiversität in den Wäldern trägt zur einseitigen und mangelhaften Ernährung bei.

Erfreulicherweise werden heute vermehrt Ökowiesen und Weiden ausgeschieden. Wie die Waldreservate benötigen auch die Zeit, bis die entsprechende Qualität vorhanden ist sowie ein angepasstes Wiesenmanagement (Staffelmahd). Brombeeren und Himbeeren sind nicht nur nahe Verwandte, sondern sie zählen auch zu den beliebtesten und ergiebigsten Nektar- und Pollenspendern für die Honigbienen in unserer Region. Es herrscht Wohnungsnot. Über 50 verschiedene Tierarten konkurrenzieren sich bei der Belegung von Spechthöhlen.

Bis vor kurzem gehörte die Honigbiene, unabhängig von der Unterart oder Rasse, gemäss des Schweizerischen Tierschutzgesetzes von 1994 zu den Nutztieren. 2021 wurde die Honigbiene vom Bundesamt für Umwelt BAFU zum heimischen Wildtier erklärt, allerdings beschränkt auf die Dunkle Biene. Im Sinne unseres Projektes betrachten wir jedoch alle im Wald lebenden Bienenvölker als Wildtiere.